Wie KI Gesellschaften verändern kann
Alle reden über Künstliche Intelligenz (KI), alle scheinen zu wissen, was KI ist, was sie kann, was sie nicht kann, wie wichtig sie ist, wie gefährlich sie ist. Zeit, eine unaufgeregte Debatte zu führen, um die Auswirkungen von künstlicher Intelligenz auf unsere Gesellschaft und die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen differenziert und realistisch zu bestimmen. Der AWO Bundesverband hat im Rahmen seines Neujahrsempfangs Ende Januar 2025 zu einem Podium unter der Leitung des Podcast-Hosts Holger Klein eingeladen. Es diskutierten Clara Helming von AlgorythmWatch, der Leiter des Forschungszentrums Data Science an der Berliner Hochschule für Technik Alexander Löser, Rainer Rehak vom Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft und Theresa Züger, die Leiterin AI & Society Lab am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft.
Die Podiumsteilnehmer*innen setzten sich mit dem weit verbreiteten Begriff der KI auseinander und skizzierten, dass es unterschiedliche Definitionen gibt, die oft zu Missverständnissen führen können. Klar wurde, dass KI nicht eine Technologie ist, sondern es sehr unterschiedliche Systeme gibt. Diese basieren auf unterschiedlichen Technologien und haben verschiedene Anwendungsbereiche. Mit Blick auf Demokratiefragen betonte Therese Züger: „KI kann uns nicht Politik und politisches Argumentieren und das wirklich politische Miteinander abnehmen, sondern das ist im Kern eine menschliche, gesellschaftliche Funktion.“ Sinnvoll sei jedoch der Einsatz von Anwendungen, wo etwa versucht werde, einen sehr vielfältigen demokratischen Diskurs mit ganz vielen Menschen handhabbarer zu machen, indem man „Zusammenfassungstools einsetzt oder Sprachanalyse, die besser clustert, welche Meinungen gehören hier zusammen, um vielleicht einen Überblick über eine Debatte zu gewinnen“, so Züger.
Unabdingbar ist eine demokratische Öffentlichkeit, zu der möglichst viele Menschen Zugang haben. Umso genauer sollte der Blick auf die großen und einflussreichen Plattformunternehmen aus den USA sein. Sie zeigen derzeit ihre Loyalität gegenüber Donald Trump. Dies passt für sie sehr gut, da sie kaum erwähnenswerte Regeln einzuhalten haben und kaum Geld ausgeben müssen, um ihre Plattformen für die unterschiedlichen Nutzer*innen zugänglich zu halten und z.B. Beleidigungen und Hass zu filtern oder Faktenchecker einzusetzen. „Das sollten wir uns als Gesellschaft“, so Clara Helming, „jedoch nicht gefallen lassen, und dafür sind auch Regeln, die die Staaten erstellen, extrem wichtig.“ Ansonsten bestünde die Gefahr, dass Realitäten immer weiter auseinanderdriften. Sprich: „Also manche Leute, die eben nur ihre Informationen direkt von Social Media bekommen und andere, die vielleicht noch die Lokalzeitung lesen oder sich irgendwie bei anderen Medien informieren, die journalistischen Standards entsprechen“, so Helming.
„Wir wollen ja dahin gehen, dass die KI uns die Arbeit abnimmt und nicht wegnimmt“, so Rainer Rehak. In diesem Zusammenhang dürfen KI basierte Lösungen nicht zum wirtschaftlichen Vorteil für ein paar Wenige werden. Oft tragen die Risiken derartiger Lösungen die Menschen des globalen Südens, etwa mit Blick auf den „riesigen Ressourcenaufwand, der entsteht, wenn Geräte gekauft und gebaut werden.“
Weiter wurde thematisiert, wie KI in verschiedenen Anwendungsbereichen, wie z.B. Gesundheitsversorgung und Verwaltung, eingesetzt werden soll. Dabei stellt sich die Frage, wie viel Vertrauen in diese Technologien gesetzt werden kann, vor allem in sensiblen Bereichen wie der medizinischen Diagnostik. Die Podiumsteilnehmer*innen beleuchten ebenso die Rolle von Unternehmen und staatlichen Institutionen im Umgang mit KI. Oftmals werden Unternehmen, die auf KI setzen, nicht ausreichend reguliert. Dies führt zur Verbreitung von Produkten, die versprechen, Probleme zu lösen, aber in der Realität nicht die erwarteten Ergebnisse liefern. Es besteht Einigkeit darüber, dass eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren, wie der AWO und anderen Institutionen, notwendig ist, um zu gewährleisten, dass KI tatsächlich einen sozialen Nutzen bringt und nicht dazu beiträgt, bestehende Ungerechtigkeiten zu verschärfen. „Ich glaube, diejenigen, die darin Interesse haben“, so Alexander Löser, „sollten überlegen, wie viel Investment in Zeit und Geld sie riskieren, damit ihre Organisation lernt zu bewerten, in welchem Bereich das Ganze jetzt schon funktioniert oder dass sie zumindest in ihrer Organisation einige Pioniere haben, die dann andere inspirieren und sagen, da hat es mir doch geholfen.“